Sonntag, 4. Dezember 2011

Wahlfälschung - die russische Demokratie

Heute finden im größten Land der Erde wieder Wahlen statt. 110 Millionen Menschen dürfen so tun, als ob sie die Wahl hätten, sich für 450 Abgeordnete für die Duma zu entscheiden. Außerdem haben sie die zweifelhafte Wahl zwischen Pest und Cholera. Demokratie auf russisch eben.

Laut einer Meldung des Spiegel von heute morgen werden oppositionelle und regierungskritische Seiten seit Stunden von Hackern attackiert. dabei hat ein großer Teil der russischen Bevölkerung, zum Beispiel in den entlegenen Gebieten Sibiriens oder der Taiga, nur dass Internet, um sich über die Ziele der anderen Parteien und der Oppositionellen Politiker zu Informieren. Sonst sind in Russland ja fast alle Medien gleichgeschaltete Hofberichtserstattungssender- und Zeitungen.

Scheinbar jedoch hat Putin Angst nicht gewählt zu werden. Nachdem er in stalinistischer Manier von seiner Partei auf lächerlich-peinliche Art und Weise gebettelt wurde, doch bitte, bitte zu kandidieren, und er dies gnädig zusagte, scheint er nun doch nicht so sicher zu sein, dass seine Partei "Einiges Russland" ihren Namen eventuell doch nicht zu recht trägt.



Der stalinistisch geschulte Ex-KGB Agent und sein politischer Ziehsohn, der die letzte Amtszeit mal Staatschef spielen durfte, wollen nichts dem Zufall überlassen. Man fühlt sich in die 60er, 70er und 80er zurückversetzt und muss sich nicht wundern, wenn man nach der Auszählung der Stimmen von einer Wahlbeteiligung von 95,3 % und einem Votum für Putin von 99,3 % erfährt. Scheinbar weiß jeder auf der Welt, dass es unter Putin und Medwedew niemals freie, geheime und unverfälschte Wahlen geben wird, nur den meisten Russen scheint das noch nicht bekannt zu sein.

Da soll also ein Mann neues Staatsoberhaupt werden, der etliche politisch motivierte und von Fehlurteilen strotzende Schauprozesse führen ließ, man denke an Chodorkowski, der wegen Steuerhinterziehung und Unterschlagung erst mal etliche Jahre hinter Gitter gebracht wurde, obwohl ihm weder das eine noch das andere nachgewiesen werden konnte. Es werden regierungskritische Journalisten umgebracht oder verschwinden und bleiben verschollen, regierungskritische Demonstranten werden auseinandergeknüppelt und eingesperrt... Die Straftatlatte des "ehrenwerten" Herrn Putin ist halt so lang, wie es sich für ein stalinistisches Staatsoberhaupt gehört.

Da werden auch schon mal andere eingespannt, bestimmte Bevölkerungsgruppen mit angekündigten Repressalien daran zu erinnern, ihr Kreuz doch bloß an der richtigen Stelle zu machen, nämlich bei der Partei "Einiges Russland". So drohte der Bürgermeister von Ischewsk den Rentnern der Stadt mit Rentenkürzungen für den fall, dass "Einiges Russland" zu wenig Stimmen bekommen würde.

Lilija Schibanowa, Vorsitzende der Wahlbeobachterorganisation Golos wurde am Samstag am Moskauer Flughafen festgehalten und ihr Laptop beschlagnahmt.

Bereit bei den Wahlen 2007 hatte die OSZE bereits erhebliche Defizite an der demokratischen Durchführung beanstandet. Diesmal dürfte es nicht besser werden, sonder eher noch schlechter, verglich doch Regierungschef Putin die Wahlbeobachter mit "Judas". Dies zeigt ein weiteres mal wie es in Wirklichkeit um die Demokratie in Russland steht. Auch dass viele Kremlkritiker erst gar nicht zu der Wahl zugelassen wurden zeigt, dass hier nur Theater gespielt wird und bereits im Vorfeld fest steht, dass Putin seine Marionette Medwedew, der eine Amtszeit lang Chef spielen durfte, wieder ablösen will. Koste es was es wolle. Dafür werden auch für teures Geld hacker engagiert, die missliebige Seiten ausschalten sollen. So ein massiver Angriff auf etliche Seiten dürfte wahrlich nicht billig sein.

Zwar geht es hier erst um die Wahl zur Duma, diese Wahl gilt aber als Stimmungsbarometer für die Präsidentenwahl im nächsten Jahr und ist deswegen so wichtig. Auch ohne Wahlfälschung gilt ein Sier des "Einigen Russland" als sicher. Nur scheinbar nicht alls sicher genug. Man rechnet auf jeden fall mit verlusten gegenüber der letzten Wahl. Zwar treten sieben Parteien zur Wahl an, allerdings sind die Parteien nicht zugelassen, die einen Machtwechsel anstreben. Das ganze erinnert irgendwie an die Blockparteien in der DDR.

Aberr egal, wer diese Wahl gewinnt und wer nächstes Jahr zum Präsidenten gewählt wird: Es ist nicht wirklich mit Protesten bundesdeutscher Politiker gegen diese Vorgehensweise und das daraus resultierende Ergebnis zu rechnen. Wenn Putin nächstes Jahr wieder russischer Präsident ist, wird man sich gern mit ihm auf den roten Teppichen zeigen und nicht mehr an die Dissidenten denken, die in russischen gefängnissen einsitzen oder umgebracht werden. Wie zu stalinistischen Zeiten.  Leider.