Donnerstag, 11. Oktober 2012

Peer Steinbrück oder das Fass ohne Boden

Der designierte SPD-Kanzlerkandidat findet die Kritik an seinen Nebeneinnahmen "dämlich", ein "Knecht des Kapitals" sei er nie gewesen. Diese Aussage ist eine Farce, wenn die Recherchen des "Spiegel" stimmen. Und irgendwie an Ironie nicht zu toppen, wenn es wirklich wahr ist, dass seine Nähe zu diversen Bankenlobbyisten und einer Wirtschaftsberatungsgesellschaft, die zu seiner Zeit als Bundesfinanzminister die Gründung einer halbstaatlichen Beratungsfirma für Public-Private-Partnership-Modelle vorbereiten durften, enger war, als es einem "Volksvertreter" gut tut, geschweige denn ansteht. Bei einigen der Firmen, von denen ich gerade sprach, durfte Steinbrück dann auch hoch bezahlte Vorträge halten, schließlich wäscht eine Hand die andere. Also nichts mit Lobbyarbeit und Vorteilsnahme im Amt (oder Bestechung, wie der Volksmund sagt), sondern - nennen wir es - ausgleichende Gerechtigkeit.

Etwa eine Million Euro soll Steinbrück mit diversen Vorträgen "verdient" haben. Natürlich soll jemand, der Vorträge hält, auch dafür entlohnt werden. Auch die meisten anderen Bundestagsabgeordneten haben Nebenverdienste, die durch Vorträge, Beratungen oder ähnliches entstehen. Und ich bin nicht neidisch, dass er damit viel und gutes Geld verdient, auch wenn sich mir nicht erschließt, was eine Gage von jeweils 20.000 Euro für zwei Vorträge rechtfertigt, wie das "Handelsblatt" die "Welt am Sonntag" zitiert. Wobei, wahrscheinlich ging es in beiden Vorträgen um die Unterbindung von Lobbyarbeit und Korruptionsvorbeugung in den Unternehmen zur Steigerung des Ansehens des jeweiligen Konzerns. Wie selbstlos von Steinbrück. Ich stelle mir lebhaft vor, wie er von den Griechen und Italienern die intensive Bekämpfung von Korruption und Lobbyismus fordert. Witzig.

Auf den Vorwurf des CSU-Generalsekretärs Alexander Dobrindt, man könne den Eindruch haben, dass Steinbrück der Liebling von Spekulanten sei, reagierte Steinbrück nur: "Es sind offenbar Einige sehr nervös darüber geworden, dass ich Kanzlerkandidat der SPD geworden bin". Ja. Natürlich werden da einige nervös. Nämlich vor allem die, die befürchten müssen, dass nun aufgedeckt wird, dass sie die selbe Lobbyarbeit betreiben und ebensolche "Nebeneinkünfte" erzielen. Oder Leute wie ich, die sich ernsthaft fragen, wie Leute, die ständig im Bundestag durch Abwesenheit glänzen, überhaupt als Bundeskanzler agieren würden. Wer bei wichtigen Sitzungen wie Haushaltsdebatten fehlt (musste man schnell wieder nebenbei für seinen Privathaushalt ein paar Tausender durch einen Vortrag verdienen?), ist in meinen Augen nicht wirklich prädestiniert, ein Land durch die Wirren der Eurokrise zu führen. Schon gar nicht in einer Situation, in der immer mehr Experten und immer mehr Bürger die Zerschlagung der großen Banken fordern, die ja die Krise maßgeblich mit ausgelöst haben und die mit Milliarden an Rettungsmitteln, die letztendlich der Steuerzahler aufbrachte, gerettet werden mussten. (Wo würde er denn dann auch seine Vorträge halten können? (Siehe ersten Absatz))

Sowieso: Diese "Nebenverdienste" sind zu einem Geschwür der bundesdeutschen Volksvertretung geworden. "Nebenverdienst" bedeutet doch, dass man sich ein Zubrot verdient, um die Haushaltskasse aufzubessern. "Nebenverdienst ist etwas, was für immer mehr Klein- und Normalverdiener, Rentner und "Hartz IV-Bezieher zu einer (Über)Lebensnotwendigkeit geworden ist um ihre Familie zu ernähren und ihre Rechnungen zahlen zu können. Und bei denen hat das Wort "Nebenverdienst" auch noch seine ursprüngliche Bedeutung.

Nun möge mir Herr Steinbrück, der ja Mitglied der SPD ist und für diese Partei im Bundestag sitzt, doch mal erklären, wofür er 20.000 Euro bekommt, wenn er vor irgendwelchen Managern einen Vortrag hält. SPD - "Sozialdemokratische Partei Deutschlands" - beinhaltet zum Beispiel den Ausdruck "sozial". Und wenn man dann als Mitglied dieser Partei und außerdem als Mitglied des Bundestages keine Skrupel hat, für einen!!! Vortrag mehr Geld zu nehmen, als große Bevölkerungsteile im Jahr dafür verdienen, dass sie jeden Tag acht Stunden hart arbeiten gehen, oft Überstunden schieben und danach noch einen (wirklichen) Nebenjob machen ist das nicht sozial sondern asozial.

Als demokratisch gewählter Volksvertreter steht Steinbrück im Sold des Volkes, nimmt aber seine Aufgaben, die der Souverän, nämlich das Volk als sein Arbeitgeber, ihm aufgegeben hat, nicht vertragsgemäß wahr. Wenn ich meiner Hauptarbeit fern bleibe, weil ich gerade in einigen Stunden woanders mehr verdienen kann, werde ich erst abgemahnt und im Wiederholungsfalle gekündigt. Aber "Volksvertreter" wie Steinbrück und co. brauchen da ja keine Angst zu haben, für die gilt ja der im Grundgesetz festgeschriebene Gleichbehandlungsgrundsatz nicht.

Abschließend möchte ich nur noch feststellen: Ich halte Steinbrück für den völlig falschen Kandidaten, habe aber auch keinen Gegenfavoriten. Die Steinbrücks, die tief im Lobbyistensumpf verstrickt sind, sitzen leider überall im Bundestag. Und dieses Verhalten der Politiker und die Selbstverständlichkeit, mit der sie sich immer mehr die Taschen vollschaufeln und ihre Vorteile suchen, frustrieren den normalen Bürger immer mehr. Vor allem, dass unsere "Volksvertreter" das immer unverfrorener tun und sich nicht mal mehr die Mühe machen, dass überhaupt noch zu verstecken. Beispiel Schröder: Schon zum Ende seiner Regierungszeit war klar, dass er nach seiner Amtszeit einen (noch besser bezahlten) Job im Vorstand von GAZPROM haben würde. Vielleicht der wahre Grund, warum er damals die Vertrauensfrage stellte, durch die es zu vorgezogenen Neuwahlen kam. Aber alle Politiker bekämpfen Lobbyismus und Korruption. Steinbrück geht dabei als leuchtendes Beispiel in diesem Kampf voran. Steinbrück, das Fass ohne Boden.

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