Mittwoch, 26. Januar 2011

Umbruch wie vor 20 Jahren

In Tunesien hat es bereits geklappt. Die Menschen haben Ihren Präsidenten, Ben Ali, in die Wüste von Saudi Arabien gejagt, nachdem dieser 23 Jahre lang das Volk unterdrückt und das Land kaputtregiert hatte. Die Welle ist nun auch nach Libyen und Ägypten übergeschwappt. In Libyen regiert seit Jahrzehnten der Gaddaficlan und hat das Land zu einem der korruptesten Länder der Welt gemacht. In Ägypten, von Mubarak regiert, sah und sieht es nicht besser aus. Nun scheint das Feuer auch auf den Libanon überzugreifen. Ein Beben hat eine ganze Region erfasst.
Ähnlich, Nur langsamer, ging es im Ostblock vor 20-30 Jahren zu. Ich erwähne diesen langen Zeitraum, da sich in Polen 1981 die Gewerkschaft "Solidarnosc" gründete und den Umsturz in Polen einleitete. Ein langwieriger Prozess, der nur möglich war, weil der damalige Staatschef Jaruzelski durch die Ausrufung des Kriegsrechts den Einmarsch Sowjetischer Truppen verhinderte. Nur durch den polnischen Wandel war der relativ schnelle und friedliche Umsturz in den restlichen, ehemals sozialistischen, Ostblockstaaten überhaupt erst möglich. Und natürlich wurde das Ganze begünstigt durch eine neue Politik der früheren Weltmacht Sowjetunion, besser gesagt, durch die Politik von Glasnost und Perestroika eines Michael Gorbatschow. Aber auch im ehemaligen Ostblock wurde aus einer kleinen Flamme ein Flächenbrand, der schließlich im Zerfall des Ostblocks und zur deutschen Wiedervereinigung führte.
Die Bilder gleichen sich. Nur wurde - außer in Polen - bei Demonstrationen nicht von der Schusswaffe Gebrauch gemacht. Allerdings hätte es passieren können, wie wir heute wissen und auch damals wussten.
Nun stellt sich die Frage, was daraus wird. Wie auch in der DDR wurde Honnecker durch einen anderen Altkader, Egon Krenz, ersetzt. In Tunesien sind in der Übergangsregierung fast alle Minister, die Ben Ali geholfen haben, das Volk auszuplündern und zu unterdrücken, vertreten. Berechtigter Weise gehen die Leute nun dagegen auf die Straße. Nur ist die Alternative nicht sehr groß. Auch nach einem Umsturz braucht ein Land erfahrene Leute, die  wissen, wie ein Land verwaltet wird und wie man es regiert. Nicht umsonst haben im Nachkriegsdeutschland die Westalliierten Altnazis mit Polizei- und Verwaltungsaufgaben betreut und manch ein Vorbelasteter saß sogar in der Regierung. Siehe Franz-Joseph-Strauß. Vor genau diesem Problem dürften auch Tunesien und - wenn es denn auch dort klappt - Ägypten und Libyen stehen. Und natürlich der Libanon.
Schändlich ist das derzeitige Verhalten der Europäischen Union, die in ihrer ewig besserwisserischen und belehrenden Art den Tunesiern jetzt Demokratie beibringen und in innerstaatliche Angelegenheiten reinreden will. Eine Institution, die ihre eigenen Bevölkerungen immer mehr in ihren Rechten beschneidet mit Verordnungen, die an Irrsinn grenzen. Und feige, hinterhältig und verlogen ist es außerdem, wenn gerade Frankreich und Deutschland  sich jetzt als die "großen Weltverbesserer" aufspielen. Hatte nicht Frankreich zu Beginn des Volksaufstandes in Tunesien dem damals noch regierenden Ben Ali Hilfe angeboten? Hatte nicht Deutschland Waffen nach Lybien und Tunesien verkauft? Waffen, die nun gegen die dortigen Menschen eingesetzt wurden und noch werden? Hier geht es einfach nur um knallharte Wirtschaftsinteressen, um Öl und Einflussnahme. Da wird die Fahne schnell mal nach dem Wind gehängt. Die dortigen Bevölkerungen spielen dabei keine Rolle, die Opfer werden als "Kollateralschäden" betrachtet. Hauptsache, man bekommt weiter Öl und kann auch an die neuen Regierungen - wer auch immer an der Macht sein wird - weiter Kriegsgerät verscherbeln. Der Rubel muss rollen und Politik ist nun mal ein schmutziges Geschäft.
Nun kann man nur hoffen, dass sich in diesen Ländern bald ein Zustand der Normalität einstellt und nicht irgendwelche Islamisten an die Macht kommen. Wünschenswert wäre es, wenn die Menschen ihre freiheitlichen Rechte durchsetzen und in Zukunft ein würdiges Dasein leben könnten. Ohne irgendwelche Doktrinen, auch nicht solche, die die Europäische Union der Meinung ist, den Menschen dort auferlegen zu müssen. Die Menschen dort gehen für ihre Freiheit auf die Straße und sind bereit, notfalls mit ihrem Leben dafür einzustehen. Sie haben Opfer gebracht. Und es werden wahrscheinlich nicht die letzten Toten zu beklagen sein. Hoffentlich sind diese Menschen nicht umsonst gestorben. Das würde allerdings voraussetzen, dass nicht nur eine Diktatur durch eine neue ausgetauscht wird. Aber genau das haben die Menschen dort jetzt selbst in der Hand. Und niemand sollte ihnen vorschreiben, wie sie in Zukunft leben wollen. Wer es wirklich ehrlich meint, hilft diesen Menschen, einfach und ohne Hintergedanken, die Wirtschaft in diesen Ländern wieder aufzubauen und so den Menschen eine Zukunft, ein Auskommen und somit ein würdiges Dasein zu geben. Das hätte auch noch einen positiven Nebeneffekt: Man würde Islamisten den Boden entziehen.

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